Die deutschen Rotkreuzvereine proben den Schulterschluss. Und die noch junge Hilfsorganisation berät über die Aufgaben der Zukunft.
Nachdem zwei Jahre zuvor die erste internationale Rotkreuzkonferenz in Paris stattgefunden hat, steht die zweite große Zusammenkunft nun in Berlin an. Damit wird der Bedeutung der deutschen Staaten und insbesondere Preußens für die Entwicklung des Roten Kreuzes Rechnung getragen. Ein Hauptthema ist dabei die Gewichtung von militärischen und zivilen Aufgaben. Während Pastor Christoph Ulrich Hahn anfangs noch meinte, dass die Hilfsvereine "während des Friedens wohl keine bestimmte Tätigkeit hätten", fordert etwa Rudolf Virchow, der berühmte Pathologe und engagierte Liberale, "den vollen Einsatz für ein Friedensprogramm auf dem Gebiet der öffentlichen Gesundheitspflege, unabhängig von der Bereitschaft für den Kriegsfall".
Ob nun für Kriegs- oder Friedenszeiten, an einer Professionalisierung der Pflege kann jedem Land nur gelegen sein. So gründet die sorbische Krankenschwester Marie Simon den sächsischen Albert-Verein, im Großherzogtum Hessen entsteht der Alice-Frauenverein. Ähnlich dem Badischen Frauenverein sollen sie sich der Ausbildung von Krankenpflegerinnen und der Armenfürsorge widmen.
Auf der Berliner Konferenz schließen sich die deutschen Hilfsvereine zu einem Dachverband zusammen, dem "Zentralkomitee der deutschen Vereine zur Pflege im Felde verwundeter und erkrankter Krieger". Die Federführung wird dem mit Abstand größten Verein zugesprochen, dem preußischen. Dieses Zentralkomitee ist der Vorgänger des Deutschen Roten Kreuzes und nimmt die Vereinigung des Deutschen Reiches vorweg.